Google Ads Leitfaden: Part 7/7: Finanzen, Ressourcen & Datengrundlage
Nachdem wir uns im letzten Beitrag mit Neukundenakquise & Bestandskundenmanagement beschäftigt haben, wollen wir im letzten Teil unserer Serie auf die Voraussetzungen für nachhaltiges Wachstum mit Google Ads eingehen. Google Ads kann ein Wachstumsmotor für Online-Shops sein – oder ein Fass ohne Boden. Ob das eine oder das andere eintritt, hängt nicht nur von der Kampagnenstruktur und der Angebotsqualität ab, sondern vor allem von drei Faktoren: Finanzen, Ressourcen und Daten. Viele Online-Shops scheitern nicht an der Theorie, sondern an der Praxis. Die grössten Probleme entstehen durch falsche Budgetplanung, ineffiziente Nutzung der eigenen Ressourcen und eine unzureichende Datengrundlage. In diesem letzten Teil der Serie schauen wir uns an, welche finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen nötig sind, um mit Google Ads nachhaltig zu wachsen.
1. Die finanzielle Grundlage für erfolgreiche Google Ads-Kampagnen
Google Ads erfordert – ähnlich wie SEO oder Social Media – eine Vorleistung. Budgets müssen frühzeitig eingeplant werden, obwohl der Return oft erst später sichtbar wird. Wer den finanziellen Aspekt nicht im Griff hat, läuft Gefahr, Geld zu verbrennen – oder im schlimmsten Fall, Kampagnen zu stoppen, die eigentlich langfristig profitabel wären.
1.1 Budgetplanung: Wie viel Geld sollte ein Shop für Google Ads einplanen?
Die grosse Frage lautet: Wie viel sollte ein Shop für Google Ads ausgeben? Die Antwort hängt von mehreren Faktoren ab:
- Deckungsbeitrag und Marge: Je höher die Marge eines Produkts, desto mehr Spielraum gibt es für Werbeausgaben.
- Wiederkaufsrate: Shops mit hoher Wiederkaufwahrscheinlichkeit können sich höhere Akquisekosten leisten, weil sie auf langfristige Kunden setzen.
- Wettbewerb: In umkämpften Märkten (z. B. Mode, Elektronik) sind Klickpreise hoch. Wer hier keine finanziellen Reserven hat, wird ausgebootet.

Eine einfache Faustregel: Wer in Google Ads einsteigt, sollte ein Budget von ca. 2’000–5’000 CHF pro Monat einplanen, um genügend Daten für Optimierungen zu sammeln. Wer aggressiv wachsen will, sollte weitaus mehr einplanen – mit der richtigen Strategie und Kontrolle. Allerdings müssen wir hier etwas differenzieren. Es ist ein Riesenunterschied, ob wir mit Google Ads gänzlich neu starten, oder ob ein Konto vorhanden ist, das bereits einige Daten gesammelt hat. Google Ads verlangt, wie alle anderen Kanäle, ein gewisses Volumen an „Lehrgeld“, also ein Budget, das zu Beginn wenig optimiert ausgegeben wird – was sich jedoch meistens schnell ändert.
Ein konkretes Beispiel:
Ein von uns übernommenes Google Ads Konto lief seit etwa einem Jahr und war in dieser Zeit stetig unprofitabel. Es hat jedoch grosse Mengen an Daten gesammelt, wodurch wir schnell die effektivsten Produkte, Keywords, Anzeigen, Assets und Strategien extrahieren konnten und darauf das Konto optimiert haben. Das Konto lieferte weiterhin in etwa denselben Umsatz, allerdings zu viel geringeren Werbekosten – und wurde profitabel. So richtig „explodiert“ ist es jedoch nach einem weiteren Jahr, in dem wir es weiter optimiert haben, aber auch Skalierungsstrategien implementiert haben und die Neukundenakquise konsequent angegangen sind. Die Folge ist – Umsatzverdreifachung bei Verdopplung der Werbekosten.
Zu dem „Lehrgeld“ gehört auch die Lernphase des Google Ads Kontos selbst. Je mehr sinnvolle Conversion-Signale das Konto und die Kampagnen sammeln, desto besser können sie sich auf die perfekten Zielgruppen ausrichten. Das ist bei einem brandneuen Konto leider nicht gegeben.
Um das volle Bild zu zeichnen, müssen wir an dieser Stelle sagen, dass es eigentlich kein „Mindestbudget“ in Google Ads gibt. Ja, prinzipiell kann jeder auch mit 30 CHF im Monat starten. Dabei gibt es jedoch mehrere Probleme. Bei zu geringen Budgets kann weder der Google Ads Algorithmus noch der Account Manager sinnvolle Erkenntnisse zu der Performance von Anzeigen, Keywords, Zielgruppen und weiteren Google Ads Faktoren ziehen. In den meisten Fällen liegen die Klickpreise im E-Commerce schon im Bereich von 0.5-1.5 CHF und somit würden geringe Budget so wenige Klicks verursachen, dass wir nicht einmal Aussagen über die Qualität der Anzeigen auf Basis des CTR treffen können.
Mit Conversions wird es dann noch schwieriger. Wir brauchen ein gewisses Volumen an Conversions, damit der Smart Bidding Algorithmus von Google Ads die Ausspielung optimieren kann. Das sollten pro Kampagne und pro Monat ca. 20-30 Conversions sein – mindestens. Wenn wir diese Zahl nicht erreichen, dann können wir Smart Bidding nicht sinnvoll nutzen. Wenn wir Smart Bidding nicht nutzen können, dann haben wir aber gerade im E-Commerce einen starken Nachteil gegenüber der Konkurrenz!
Daher ist die Rechnung einfach: Nehmen wir optimistisch an, dass wir pro Klick 50 Rappen zahlen und die Conversion Rate bei 5% liegt – dann brauchen wir 10 CHF pro Conversion und sollten pro Kampagne 300 CHF im Monat einplanen. Wenn wir jedoch die etwas realistischeren 80 Rappen pro Klick und 3% Conversion Rate annehmen, dann sollten wir schon 800 CHF pro Kampagne einplanen.

1.2 Die Rolle des Cashflows: Warum Liquidität entscheidend ist
Viele Shops unterschätzen den Einfluss von Cashflow-Management auf die Werbestrategie. Google Ads kann kurzfristig hohe Umsätze generieren, aber wenn das Geld aus den Verkäufen erst nach Wochen oder Monaten fließt, entsteht ein Liquiditätsproblem.
Ein klassisches Beispiel: Ein Shop investiert 10’000 CHF in Google Ads. Die Kampagne läuft profitabel, generiert 50’000 CHF Umsatz. Doch das Geld aus den Verkäufen kommt erst nach 30 Tagen an, während Google die Werbekosten jede Woche abbucht. Ohne finanziellen Puffer kann der Shop keine neuen Kampagnen starten und verliert Wachstumschancen.
Lösung: Wer mit Google Ads wachsen will, muss seine Zahlungsströme optimieren. Dazu gehören:
- Schnelle Zahlungsabwicklung: Zahlungsmethoden wie PayPal oder Sofortüberweisung können helfen, den Cashflow zu beschleunigen.
- Bessere Lieferantenkonditionen: Längere Zahlungsziele bei Lieferanten geben finanziellen Spielraum.
- Linienkredite oder Factoring: Wer schnell wachsen will, kann über externe Finanzierungsmöglichkeiten nachdenken.
Google Ads ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Wer keinen finanziellen Puffer hat, wird Probleme haben, nachhaltige Skalierung umzusetzen.
1.3 Kalkulation von Werbekosten: Warum der ROAS nicht die ganze Wahrheit ist
Viele Shops messen den Erfolg ihrer Google Ads-Kampagnen anhand des Return on Ad Spend (ROAS). Das ist zwar ein wichtiger KPI, aber nicht der einzige, der zählt.
Ein Beispiel: Ein Shop hat einen durchschnittlichen ROAS von 4,0. Das bedeutet, dass für jeden investierten Franken vier Franken Umsatz generiert werden. Klingt gut, oder?
Aber:
- Wenn die Marge nach Produktkosten, Werbekosten und Fixkosten nur 10 % beträgt, bleibt am Ende kaum Gewinn übrig.
- Ein niedrigerer ROAS (z. B. 2,5) kann unter Umständen profitabler sein, wenn dadurch mehr Skalierung möglich und Fixkosten besser gedeckt werden.
- Wer nur auf den ROAS schaut, kann sich Wachstumschancen verbauen – beispielsweise durch zu vorsichtige Gebotsstrategien.
Bessere Alternative: Deckungsbeitragsrechnung (DB1, DB2, DB3)
Statt nur auf den ROAS zu schauen, sollte jeder Shop seine Google Ads-Kampagnen nach Deckungsbeiträgen analysieren. Das bedeutet:
- DB1: Umsatz minus Produktkosten (COGS) → zeigt, ob das Produkt überhaupt genug Marge hat.
- DB2: DB1 minus Werbekosten (CAC) → zeigt, ob die Neukundenakquise profitabel ist.
- DB3: DB2 minus Fixkosten plus Wiederkaufsrate → zeigt die langfristige Profitabilität.
Erfolgreiche Shops arbeiten nicht mit Bauchgefühl, sondern mit klaren Zahlen. Wer seine Margen nicht genau kennt, wird mit Google Ads langfristig keinen Erfolg haben.

1.4 Alpha Moves – Investitionen für Pionierprojekte
Leider sind im Digitalmarketing die Zeiten vorbei, in denen man „langsam einen Fuss ins Wasser setzen“ konnte. Hin und wieder eröffnet sich so ein Zeitfenster bei neuen Plattformen, wie es bei TikTok Ads 2021-2024 der Fall war. Hier konnte man mit sehr wenig Budget starten, hatte wenig Konkurrenz, konnte vieles ausprobieren und hat oft schon nach 2-3 Monaten direkte Ergebnisse gesehen.
Doch die allermeisten, grössten und effektivsten Plattformen sind Haifischbecken. Gerade weil sie effektiv sind und deshalb auch so gross. Google Ads ist das älteste Haifischbecken und das macht es besonders:
- Sehr viele Werbetreibende
- Sehr viele Agenturen und Experten
- Dadurch sehr hohe Konkurrenz
- Die besten Keywords hart umkämpft und daher hohe Klickpreise darauf
- Immer mehr Automatisierung = Commoditisierung des Markts
- Immer stärkere Abhängigkeit von Algorithmen durch fortschreitende Automatisierung
Zusammengefasst: Die Plattform ist vollgepackt mit Leuten, die viel Geld in die Hand nehmen und ihr Handwerk sehr gut verstehen, während die Plattform immer weniger Stellschrauben übrig lässt, die einen Konkurrenzvorteil bieten könnten. Verstehe mich bitte nicht falsch – es gibt mehr als genug Stellschrauben und viele davon haben wir schon in dieser Serie angesprochen. Fakt ist jedoch, dass es immer schwieriger wird, sein Spiel so aufzubauen, dass man auch wirklich konsequent darin gewinnt.
Gary Vaynerchuk – bekannter Investor und früher Nutzer von Google Ads – betont in seinen Keynotes regelmässig, wie er den Weinhandel seines Vaters mithilfe bezahlter Suchanzeigen skalierte. Als er Anfang der 2000er Jahre in Google Ads eingestiegen ist, hatte er kaum Konkurrenz und zahlte zwischen 3 und 5 Rappen pro Klick. Die Conversion Rates waren aufgrund der geringen Konkurrenz auch enorm und das Einzige, was er bereut, ist, dass er damals nicht massiv Fremdkapital aufgenommen hat, um es in Google Ads zu stecken.
Aber die gute Nachricht ist: diese Möglichkeiten gibt es immer noch, selbst in Google Ads. Aktuell sind beispielsweise YouTube Shorts Ads relativ wenig besetzt. Allerdings ist die Attribution darin eher schwierig und somit ist es auch schwieriger, die richtigen Strategien und Taktiken zu erarbeiten. Egal in welchem Kanal du startest, oder welche Strategie du testest – es ist wichtig, dass du das mit voller Power angehst. Volle Power bedeutet dabei nicht nur ein vergleichsweise hohes Budget, sondern auch eine längere Laufzeit. Das bedeutet, dass du nicht nur ein paar Tausend Franken im Monat in die Hand nehmen musst, sondern das auch über mindestens 4-6 Monate gewährleisten musst.
Beispiel: Eine auf YouTube Ads spezialisierte Agentur hat die Auswirkungen von YouTube Ads bei einem E-Commerce-Kunden über 14 Monate getestet. Die ersten spürbaren Auswirkungen haben sie erst nach 3-4 Monaten festgestellt (beispielsweise über Post Purchase Survey, also Kundenumfragen nach dem Kauf) und selbst nach dem Ende der Kampagne haben sie die Auswirkungen weitere 5-6 Monate nachverfolgen können. Das Budget fällt natürlich nicht vom Himmel – für viele E-Commerce-Unternehmen ist es schwer vorstellbar, für einen „Test“ gleich 25’000–30’000 CHF einplanen zu müssen.

Aber genau das sollte frühzeitig in die Planung aufgenommen werden. Wenn es in der Grundperformance gut läuft, dann sollten eben diese Gelder zurückgelegt werden, um eben solche Power Moves durchführen zu können. Google Ads ist dabei nicht der einzige Bereich, in dem solche Vorstösse eingeplant werden können und solche Ressourcen verlangen. Influencer Marketing ist ein weiterer Bereich, der schon vielen E-Commerce-Brands als ein mächtiges Sprungbrett gedient hat, aber in diesem Bereich sprechen wir oft von weitaus höheren Investitionskosten als 30’000 CHF.
Die Frage ist nicht, OB YouTube Ads, eine gross angelegte Feed-Optimierung, Demand Gen oder Influencer Marketing funktionieren. Die Frage ist, WIE sie für dich funktionieren. Und um das herauszufinden, reicht es nicht, einen kleinen Test für 1-2 Monate und ein paar Hundert Franken zu machen. Im schlimmsten Fall wird die Methode oder Kanal dann einfach als „funktioniert für uns nicht“ abgehakt, während die Konkurrenz es effektiv für sich nutzt und sich damit einen Vorteil verschafft.
Hier ist ein Beispiel von LinkedIn, das genau unser Thema darstellt.
Und hier ist ein Kommentar eines bekannten Performance-Agentur-Inhabers dazu:
2 Interne & externe Ressourcen
Ein Thema, das ständig auf Social Media in Bezug auf das Management der Ressource im E-Commerce breitgetreten wird, ist das Management der menschlichen Ressourcen.
Genauer gesagt die Frage: Was ist besser – Agenturen und Freelancer einsetzen, oder ein In-House-Team aufbauen.
Das ist jedoch nie ein Entweder-Oder- sondern immer ein Sowohl-Als-Auch-Thema gewesen. Folgende Faktoren solltest du hier beachten, damit du bestens für dein Performance Marketing und Google Ads aufgestellt bist:
2.1 In-House-Kompetenz ist überlebenswichtig
Es ist völlig egal, wie renommiert eine Agentur ist und welche Case Studies sie vorzuweisen hat – wenn es auf Kundenseite niemanden gibt, der die Zahlen und Strategien in aller Tiefe versteht, dann kann und wird die Agentur nicht ihre beste Leistung bringen können.
Selbst das kleinste anzunehmende Unternehmen – ein Online-Shop ohne Mitarbeiter – muss das gewährleisten. In diesem Fall muss der Gründer und Geschäftsführer der Experte für Performance Marketing werden, um die Agenturen optimal steuern zu können.
In grösseren Unternehmen kann diese Rolle der Head of Marketing oder ein Online Marketing Manager übernehmen. Die interne Kompetenz ist jedoch so wichtig, weil kaum eine Agentur oder Freelancer so gut und tief die Prozesse, Zielgruppen, Produkte und Ziele des E-Commerce-Unternehmen nachvollziehen kann, wie ein In-House-Team.
2.2 Agenturen und Freelancer sind überlebenswichtig
Ganz einfach, weil mehr Köpfe mit unterschiedlichen Kompetenzen deutlich bessere Ideen und Ergebnisse hervorbringen, als wenn alles ausschliesslich in-house läuft.
Die Effekte eines Sparring-Partners sind stark unterschätzt. Man muss nicht alles an die Agentur abgeben. Aber selbst die grössten und erfolgreichsten E-Commerce-Unternehmen arbeiten regelmässig mit Agenturen zusammen, während sie klar kommunizieren, dass die Zusammenarbeit befristet ist und nur dem Zweck dient, die Kompetenzen und Ideen der Agentur an das Inhouse-Team zu übertragen.
Das Mindeste, was man als E-Commerce-Brand machen kann, ist, regelmässige Audits der Google Ads und Meta Werbekonten in Auftrag zu geben. Das kostet in der Regel einen niedrigen vierstelligen Betrag, liefert jedoch einen Massnahmenkatalog, der ein Vielfaches an Rendite in kürzester Zeit einbringt.

3 Perfekte Datengrundlage
Jetzt sprechen wir über den vielleicht meist unterschätzten Bereich im E-Commerce – die Datengrundlage. Über einige Aspekte davon haben wir bereits in vorherigen Abschnitten gesprochen, doch hier sollen nochmal alle wichtigen Punkte in Bezug auf die Finanzplanung und die gesamte Strategie hervorgehoben werden.
3.1 Warum Attribution im E-Commerce so schwierig ist
Klassisches Szenario: Du sitzt am Ende des Geschäftsjahres und ziehst das Fazit der letzten 12 Monate. Du hast insgesamt Gewinn gemacht und dein Business ist deutlich gewachsen. Nun stellt sich die Frage, wie du die erwirtschafteten Gewinne in den kommenden Monaten investieren willst.
Preisfrage: Was hilft dir bei dieser Entscheidung?
Bauchgefühl? Ja, vielleicht, wenn du schon seit 20 Jahren im Geschäft bist und so ziemlich jeden Ansatz auf Herz und Nieren geprüft hast. Doch selbst dann sind Bauchentscheidungen eher Roulette.
Daten? Okay, aber welche? Hier kommt die Attribution ins Spiel. Attribution bezeichnet die datenbasierte Zuweisung von Geschäftserfolg auf einzelne Marketingmassnahmen – etwa Kanäle, Kampagnen, Keywords, Anzeigen oder Creatives. Dabei kommen bei Google und anderen Plattformen Algorithmen zum Einsatz, die anhand gesammelter Nutzerdaten berechnen, welchen Anteil jede Massnahme am Gesamterfolg hatte.
Mal angenommen du hast ein einfaches Setup aus dem Shop-internen Attributionssystem und Google Ads mit Conversion-Tracking über den Google Tag Manager. Dein Shop bekommt die realen Umsatzdaten. Jeder Kauf wird erfasst. Die Quellen für den Traffic werden ebenfalls erfasst und das Shop-System versucht nachzuvollziehen, welche Traffic-Quellen tatsächlich für die Käufe verantwortlich waren.
Im einfachsten Fall läuft die Attribution über das Last-Click-Modell. Das heisst, der Kauf wird der Quelle zugewiesen, die den letzten Klick auf die Seite vor dem eigentlichen Kauf erzeugt hat. Das ist ein einfaches Modell, das jedoch die reale Customer Journey kaum berücksichtigt.
Eine Customer Journey ist immer individuell und könnte so aussehen:
- Eine Person sucht nach einer neuen Pfanne für ihr Induktions-Kochfeld und klickt auf deine Google Ads Anzeige = Google Ads Klick
- Sie verlässt wieder die Seite, weil sie sich nach Alternativen umschauen möchte, findet einen Blogartikel mit Vergleich der Pfannen und sieht dort wieder deine Produkte, klickt jedoch nicht drauf, aber das Vertrauen in deine Produkte steigt ein wenig
- Die Person sieht auf ihrem Smart-TV deine YouTube Anzeige und ist nun noch mehr von deinem Produkt überzeugt
- Die Person sieht deine Meta Anzeige auf Instagram und erinnert sich daran, dass sie die Pfanne kaufen wollte, klickt die Anzeige jedoch nicht, weil sie noch ein paar Reels auf Instagram anschauen will und aktuell nicht in Kauflaune ist
- Die Person sucht nochmal konkret nach deinem Shop und klickt ein organisches Suchergebnis und kauft die Pfanne = SEO-Klick
Nun haben wir folgende Möglichkeiten für Attribution:
- First-Touch-Modell: Der gesamte Kauf wird ausschliesslich der Google Ads Anzeige aus Schritt 1 attribuiert = Entspricht nicht der Wahrheit
- Last-Touch-Modell: Der gesamte Kauf wird ausschliesslich dem SEO/Organik attribuiert = Entspricht nicht der Wahrheit
- Datengetriebene Attribution in Google Ads: Die Attribution des Kaufs wird zwischen der Suchanzeige und der YouTube-Anzeige verteilt = entspricht etwas mehr der Wahrheit, aber grösstenteils doch nicht
- Datengetriebene Attribution in Google Analytics 4: Die Attribution des Kaufs wird verteilt zwischen Schritt 1, 3 und 5 = Noch besser, aber immer noch nicht wahr

Jetzt erkennst du vielleicht, wo das Problem mit der Attribution liegt. Unterschiedliche Systeme werden die erzeugten Umsätze unterschiedlich, jedoch selten vollständig attribuieren.
Ein weiteres Problem, das wir bei so ziemlich allen Shops sehen, ist, dass die unterschiedlichen Werbeplattformen versuchen, die Umsätze stärker sich selbst zu attribuieren. Zum Teil liegt das an der oben beschriebenen Datenerfassung in der Customer Journey, zum Teil jedoch daran, dass die Plattformen natürlich versuchen, sich selbst etwas besser darzustellen, als sie wirklich sind.
Und so haben wir häufig folgendes Bild:
- Von Google Ads attribuierter Umsatz: 300’000 CHF
- Von Meta attribuierter Umsatz: 400’000 CHF
- Insgesamt von Werbeplattformen attribuierter Umsatz: 700’000 CHF
- Realer Umsatz im Shop: 550’000 CHF

3.2 Weitere Probleme der Datenerfassung
Bevor wir zu den Lösungen der oben genannten Probleme kommen, müssen wir jedoch das Bild der Problematiken in der Datengrundlage vervollständigen.
Weder Google Ads, noch Meta, noch Google Analytics 4 erfassen vollständige Daten. Das liegt an:
- Cookie-Consent: Personen, die Cookies im Shop ablehnen, werden nicht von den Plattformen erfasst. Ein wirklich gutes Verhältnis zwischen angenommenen und abgelehnten Consents beträgt etwa 70%. In diesem Fall kann Google Ads 30% der Klicks und der daraus entstandenen Käufe nicht attribuieren. Wir haben jedoch auch schon Shops mit 80% abgelehnter Consents gesehen.
- Ad Blocker: Auch Ad Blocker sorgen oft für eine unvollständige Datenübertragung
- Fehler im Setup der Conversions mindern ebenfalls die Datenqualität
- Schwierigkeiten in der Datenübertragung von Apple-Geräten: Das ist ein tiefgreifendes Thema für sich – insbesondere in der EU und der Schweiz, wo besonders strenge Datenschutzvorgaben gelten und Tracking-Mechanismen bei Apple-Geräten deshalb häufig an rechtliche und technische Grenzen stossen. Fakt ist, dass Apple Nutzer oft die zahlungskräftigsten Kunden sind, ihre Daten jedoch bei unvollständigen Tracking-Setups nicht an Werbesysteme übertragen werden und somit die Datengrundlage leidet
- Extrem schwache Berücksichtigung von Awareness-Werbeaktionen, die keine direkten Klicks erzeugen. Bestes Beispiel: Videokampagnen auf TV-Geräte, Influencer Marketing und Vorstellungen der Produkte im TV, beispielsweise bei „Höhle der Löwen Schweiz“ oder ähnlichen Formaten

3.3 Die aktuell beste Lösung für bessere Datengrundlage
Wichtig ist zu verstehen, dass es keine vollständige und einheitliche Lösung für alle oben genannten Probleme gibt. Wir können nur das „Beste draus machen“.
3.3.1 Server Side Tracking
Wir wollen hier nicht alle technischen Aspekte durchgehen, da dies zu komplex ist. Einfach erklärt: Bei Server Side Tracking werden die Daten nicht aus dem Browser, sondern vom Shop-Server direkt an einen anderen Server übertragen. Diesen Server verwalten wir selbst und haben dadurch die absolute Datenhoheit.
Server Side Tracking bietet eine deutlich bessere Datengrundlage, als Browser-Tracking und durch die eigene Verwaltung der Daten können wir selbst entscheiden, welche Daten und in welcher Form wir an andere Plattformen weitergeben.
Dadurch ist nicht nur eine bessere Datengrundlage gegeben, sondern auch ein deutlich besserer Datenschutz.
3.3.2 Third-Party-Attribution
Darüber haben wir bereits kurz gesprochen. Es gibt zahlreiche Systeme für E-Commerce wie Triple Whale, Hyros oder AdMetrics, die uns eine als eine weitere Attributionsquelle dienen und drei grosse Vorteile bieten:
- Direkte Einbindung der Shop-Daten, sprich, realer und nicht getrackter Umsätze
- Eigene Attributionsmodelle, die nicht „parteiisch“ sind und somit ein besseres Bild zeichnen – es werden nur die realen Umsätze zwischen den Kanälen attribuiert
- Echtzeit-Attribution. Gerade bei saisonalen Produkten, oder Produkten mit stark schwankender Nachfrage (Ventilatoren, Regenschirme oder Schneeschaufeln wetterbedingt, Hygieneprodukte oder Vitamin C durch Krankheitswellen, alle Produkte bei denen Influencer Marketing eingesetzt wird etc.) ist das ein MUSS. Denn an starken Tagen kann man das Budget deutlich erhöhen, oder an schwachen vermeiden, dass es verbrannt wird.
Einsatz und Vergleich unterschiedlicher Datenquellen
Sobald du gut nachvollziehen kannst, wie die einzelnen Plattformen und ihre Attributionsmodelle funktionieren und wechselwirken, kannst du deutlich bessere Investitionsentscheidungen treffen. Wichtig ist jedoch, dass du dich stetig damit auseinandersetzt und überhaupt erst die Quellen zur Verfügung hast.
3.3.3 Marketing Mix Modelling (MMM)
Marketing Mix Modelling wird aktuell im E-Commerce sehr selten eingesetzt und das ist sehr schade!
Das Marketing Mix Modelling ist eine uralte Methode der Attribution, die bereits in den 1950ern eingesetzt wurde. Diese Methode basiert auf statistischen Vergleichsmodellen und ist somit reine Mathematik.
Ganz simpel erklärt: Du brauchst dafür nur deine eingesetzten Budgets und Umsätze über einen längeren Zeitverlauf. Ein statistisches Modell berechnet dann die Wirkung der einzelnen Kanäle und Massnahmen auf den Gesamtumsatz.
Aus Datenschutzsicht ist MMM ideal, da keine personenbezogenen Daten eingesetzt werden. Bei MMM werden jedoch gleichzeitig auch alle Awareness-Massnahmen berücksichtigt.
Während MMM in der Vergangenheit eher eine komplexe und aufwendige Methode gewesen ist, ist sie heutzutage deutlich einfacher umzusetzen mit Tools wie Facebook Robyn und Google Meridian.
Der initiale Setup-Aufwand ist nicht zu unterschätzen, allerdings wird die nachfolgende Nutzung deutlich einfacher und wiederholbar. Die MMM-Tools bieten konkrete Vorschläge, in welchen Kanälen und Massnahmen die Budgets erhöht und in welchen sie gesenkt werden müssen, um eine Umsatz- oder Gewinnmaximierung zu erreichen.
4. Fazit
Wer langfristig erfolgreich sein will, sollte sich an folgende Prinzipien orientieren:
Präzise Kontrolle über die finanziellen Stellschrauben:
- Exakte Budgetierung mit realistischen Erwartungshorizonten
- Deckungsbeitragsrechnung statt isolierter ROAS-Betrachtung
- Strategische Planung von Investitionen für nachhaltige Skalierung
Datengestütztes Arbeiten auf höchstem Niveau:
- Server-Side-Tracking und redundante Conversion-Datenquellen
- Kombination aus Plattform-Attribution und unabhängigen Attributionsmodellen
- Langfristige Evaluation der Massnahmen durch Marketing Mix Modelling
Die optimale Datengrundlage bietet überhaupt erst eine Basis für richtige, datengetriebene Investitionsentscheidungen, die zum Erfolg führen.
Die finanzielle, personelle und datengetriebene Basis eines Online-Shops entscheidet massgeblich darüber, ob Google Ads oder andere Kanäle als Wachstumshebel funktionieren.
Fortlaufende Optimierung im Performance Marketing ist genauso wichtig, wie der Mut, ordentliche Ressourcen in die Hand zu nehmen, um Neues auszuprobieren, das den entscheidenden Konkurrenzvorteil bieten kann und dadurch dein Unternehmen näher an die Marktführerschaft bringt – denn: The Winner Takes It All.
Wer langfristig erfolgreich sein will, muss sich mit diesen Themen auseinandersetzen – nicht als theoretische Übung, sondern als Kernstrategie, die regelmässig überprüft und weiterentwickelt wird.